Adventkalender 2021 als Zusammenfassung von Giorgio Agambens Buch
„An welchem Punkt stehen wir? Die Epidemie als Politik“
10. Adventfenster – Zusammenfassung Kapitel 6
„Die Epidemie zeigt, dass der Ausnahmezustand zur Norm geworden ist“
Gespräch mit Nicolas Truong, „Le Monde“ am 28.3.2020
(Anmerkung: Das Gespräch nimmt Bezug auf Kapitel 1)
Frage 1, ob Agamben seine Wortwahl „vermeintliche Epidemie“ und seinen Vergleich von Corona mit der Grippe bereut?
Antwort: Agamben meint, er hält sich an die offiziellen Statistiken und öffentliche im Netz verfügbare Videos wie zB von Wolfgang Wodarg (ehemaliger Vorsitzender des Unterausschusses Gesundheit des Europarates), wonach nicht die Inzidenz der Erkrankungen, sondern die Aktivität der nach ihnen suchenden Spezialisten gemessen wird.
Frage 2, über Agambens Behauptung der „Erfindung einer Epidemie“ nach dem Versiegen des Terrorismus als Quelle?
Antwort: Agamben meint, dass Historiker/innen wissen, dass es objektive Verschwörungen gibt, die auch dann wirken, wenn kein identifizierbares Subjekt im Hintergrund die Fäden zieht. Lt. Foucault bedienen Regierungen das Sicherheitspositiv in der Erwartung, dass sich ein Ausnahmezustand ergibt, den sie dann nutzen und steuern können. Die Epidemie ermöglicht bspw. China die engmaschige Überwachung zu proben.
Frage 3, warum soll der Ausnahmezustand und die Absonderung als Maßnahme ungerechtfertigt sein?
Antwort: Agamben meint, dass die moderne Politik ausnahmslos Biopolitik ist und beschreibt die babylonische Sprachverwirrung und Einseitigkeit des wissenschaftlichen Diskurses, da jede Gruppe ihre eigenen Ziele verfolgt, ohne andere Sichtweisen zu berücksichtigen: Virolog/innen wollen das Virus bekämpfen und sonst nichts, Ärzt/innen wollen die Menschen heilen und sonst nichts, die Regierung möchte die Kontrolle behalten und sonst nichts.
Man kann aber nicht die Freiheit aufgeben, um sie besser zu verteidigen! Man kann nicht das Leben suspendieren, um es besser zu schützen!